Ehrenamt des Monats: „Lebendiges Miteinander in Crottendorf“

23. Dezember 2024
Unser Ehrenamt Pressemitteilung

Erzgebirgszweigverein mit dem Ehrenamt des Monats November ausgezeichnet

Bereits 1890 gegründet wurde der Erzgebirgszweigverein Crottendorf e. V. ein Jahr nach der politischen Wende 1990 von 14 Gründungsmitgliedern neu aus der Taufe gehoben. Heute zählt der Verein stolze 110 Mitstreiterinnen und Mitstreiter, die alle gemeinsam dafür sorgen, dass im Ort immer etwas los ist. Stolze 45 Veranstaltungen umfasst der Jahreskalender. Und der Nachwuchs steht auch bereits in den Startlöchern.

 

Selbst für einen Verein, der sich der Heimat- und Brauchtumspflege verschrieben hat, ist der EZV Crottendorf ungewöhnlich breit aufgestellt. Neben den vermeintlich klassischen Themen wie Wandern, Schnitz- und Klöppelkunst sowie Mundart, ist man im Zschopautal besonders Stolz, der einzige Erzgebirgszweigverein zu sein, der einen alten Silberstolln als Besucherbergwerk betreibt. Sogar ein Sportangebot gibt es: Wanderfreunde, die es auf „Schusters Rappen“ eher sportlich angehen möchten, treffen sich regelmäßig zum Nordic Walking.

 

52 Kilometer Wanderwege, 9 Wanderhütten und 4 Wanderparkplätze sowie 50 Ruhebänke betreuen die Mitglieder gemeinsam mit dem zuständigen Wanderwegewart. Sie kümmern sich um die Beschilderung, erneuern, pflegen oder legen neue Routen an.  2020 bis 2022 ist zu Ehren des Heimatdichters Otto Peuschel ein neuer Höhenrundwanderweg entstanden, 2024 ein neuer Rastplatz rund um den Willi-Brunnen an den Katzensteiner Wiesen. Einmal pro Woche trifft sich die Wandergruppe zu mehr oder weniger langen Touren oder wenn Stern- oder Themenwanderungen geplant sind.

Mit Monika Tietze hat der Verein zudem eine über die Ortsgrenzen hinaus bekannte Dichterin in seinen Reihen, die sich gemeinsam mit ihren Mitstreiterinnen und Mitstreitern hingebungsvoll um die Pflege des erzgebirgischen Liedgutes und der Mundart verdient macht. Viermal im Jahr finden sich Autorinnen und Autoren aus dem gesamten Kreisgebiet an wechselnden Orten zum Mundart-Stammtisch zusammen, um neue Gedichte und Texte vorzustellen. Eines der Treffen richtet der EZV Crottendorf aus. Dass die Veranstaltung „Mundart & Musik“ mehrfach in Crottendorf stattgefunden hat und die Gemeinde 2023 auch Gastgeber der „Erzgebirgischen Mundarttage“ war, steht eng im Zusammenhang mit diesem Wirken.

Bei der Pflege von Gedenksteinen geht es den Heimatfreunden nicht nur darum, Geschichte und Andenken zu bewahren – sie schaffen Orte, an denen sich Einwohner und Touristen gleichermaßen wohlfühlen und die zu einem gepflegten Ortsbild beitragen. Die Otto-Peuschel-Ecke“, ein kleiner Ruhegarten mit einem Gedenkstein zu Ehren des Heimatdichters, Blumenbeeten und einer Bank, schmückt das Oberdorf. Rund um den Gedenkstein zur großen Hungersnot von 1800 ist in diesem Jahr ein weiteres Kleinod hinzugekommen: Ein kleiner Park lädt zum Verweilen ein.

Der Altbergbaugruppe im Verein ist es zu verdanken, dass das Silberbergwerk Rosenbuschzeche von Besuchern befahren werden kann. Nach der Wende im Zuge einer ABM-Maßnahme freigelegt, kümmern sich einige Bergbauenthusiasten um den regelmäßigen Ausbau der Untertage-Strecke. Ein neu geschaffener Bergbaulehrpfad führt Besucherinnen und Besucher vom Walthersdorfer Bahnhof aus zur Anlage.

 

„Für das, was der Erzgebirgszweigverein für unsere Bürgerinnen und Bürger in Crottendorf leistet, gebührt den Engagierten unser aller Dank“, lobt Bürgermeister Sebastian Martin. „Das Wirken des Vereins geht weit über die Heimat- und Brauchtumspflege hinaus. Die Verantwortlichen schaffen generationsübergreifende Freizeitangebote, organisieren für unser gesellschaftliches Miteinander wichtige Veranstaltungen und entwickeln touristische Infrastruktur.“

 

Was alle Sparten des Vereins eint, ist die konsequente Ausrichtung der Angebote, um Kinder und Jugendliche aktiv einzubinden. Seit mehr als 10 Jahren führt der EZV Crottendorf eine Märchenwanderung durch. Viele der Mitglieder verkleiden sich als Märchenfigur und eigens dafür gebaute und bemalte Requisiten werden dafür an den vorgesehenen Stationen im Wald aufgestellt.  Eine Märchenerzählerin stimmt die Kinder auf das Thema ein, bevor sich diese, angeführt von Max und Moritz, auf den fünf Kilometer langen Rundweg begeben. Im Juli finden einmal im Jahr an zwei Tagen die Kindererlebnistage im Silberbergwerk Rosenbuschzeche statt. Neben dem Besuch der Anlage mit begehbarem Aufschlagwasserstolln und Blick in die Radstube können die Kinder auch selbst zu Schlägel und Eisen greifen, Gold waschen oder nach farbigen Steinen suchen. Um für die Kindergruppen Schnitzen und Klöppeln immer wieder nachkommende Generationen zu begeistern, besuchen Mitglieder des EZV in erzgebirgischer Tracht und in Habit regelmäßig die Grundschule im Ort. In Mundart begeistern sie die Schülerinnen und Schüler für traditionelles Liedgut, das Klöppeln als Handarbeit und das Schnitzhandwerk. Ein Aufwand, der sich lohnt: Die Aktionen bescheren beiden Kindergruppen nicht nur zahlenmäßigen Zuwachs. Bei Veranstaltungen wie den Jugendkulturtagen, den Annaberger Klöppeltagen oder Schnitzausstellungen konnten die Jungen und Mädchen ihr Können bereits mehrfach unter Beweis stellen. Immer wieder suchen junge Mitstreiterinnen und Mitstreiter nach neuen Ideen, um Kinder für die Heimat- und Brauchtumspflege zu begeistern. 2024 erfüllte sich ein lang gehegter Wunsch: Im Erzgebirgszweigverein wurde eine eigene themenübergreifende Jugendgruppe gegründet und ein Jahresplan aufgestellt. Neben kindgerechten Exkursionen an den Skilift und zur Freiwilligen Feuerwehr, packte der Nachwuchs auch selbst mit an. Auf den Spuren des Heimatdichters Otto Peuschel wurde der Höhenrundwanderweg erkundet und die dort aufgestellten Bänke gepflegt.

 

Landrat Rico Anton zeigt sich von der Nachwuchsarbeit des Erzgebirgszweigvereins Crottendorf beeindruckt: „Der Verein hat für meine Begriffe sehr kluge Lösungen gefunden, um Themen der Heimat- und Brauchtumspflege in Angebote zu übersetzen, die sich am realen Bedarf junger Familien orientieren. Diese finden dann eben nicht nur Anklang bei Kindern und Jugendlichen, sondern überzeugen auch junge Eltern, sich im Verein einzubringen.“

 

Ob das Schmücken des Osterbrunnens mit echten handbemalten Eiern oder das Traktorgespann, dass die Weihnachtsmänner samt Geschenken zum Ort des Geschehens bringt – die Engagierten des Vereins zeichnet eine gewisse Liebe zum Detail aus. Seit mittlerweile mehr als 25 Jahren veranstalten sie den Weihnachtsmarkt in Crottendorf in Eigenregie. Die Heimatfreunde tragen schon das Jahr über Spielsachen für die Kinder zusammen, sichern an zwei Tagen den Betrieb der acht Verkaufsstände und organisieren das Weihnachtsbasteln für kleine und große Kinder.

 

Für ihr umfassendes und vorbildliches Engagement wurde der Erzgebirgszweigverein Crottendorf e. V. mit dem „Ehrenamt des Monats November“ ausgezeichnet. Er erhielt von der Fachstelle Ehrenamt des Erzgebirgskreises eine Urkunde, die erzgebirgische Holzfigur „HelD“ (Helfen und Danken) sowie eine Einladung zum Großen Regionalpreis des Erzgebirgskreises ERZgeBÜRGER.

 

Um ein noch besseres Bild von ihrem Engagement zu bekommen, hat die Fachstelle Ehrenamt mit dem Vorsitzenden Günter Wolf ein ausführliches Interview geführt.

 

Aktuell 110 Engagierte und 45 Veranstaltungen im Jahr sind durchaus beeindruckende Zahlen. Wie bekommt man einen Verein dieser Größenordnung organisiert?

Herr Wolf: „Das funktioniert nur, wenn viele Menschen bereit sind Verantwortung zu übernehmen und es in den einzelnen Sparten funktionierende Strukturen gibt. Allein der erweiterte Vorstand besteht bei uns aus zwölf Personen. Wir treffen uns einmal monatlich, um uns zu beraten und die Planungen für den Folgemonat voranzutreiben.“

 

Was genau wird alles geplant?

Herr Wolf: „Es gibt bei uns einen Jahresplan, der sowohl öffentliche Veranstaltungen als auch vereinsinterne Maßnahmen betrifft. Das geht los bei Arbeitseinsätzen der einzelnen Gruppen des Vereins über öffentliche Wanderungen, die wir in Kooperation mit der Gemeinde anbieten bis hin zu Exkursionen und der Würdigung langjähriger Mitglieder.“

 

Tradition und Brauchtum für nachfolgende Generationen zu bewahren, stelle ich mir als ein schwieriges Unterfangen vor?

Herr Wolf: „Das ist es in der Tat. Und wenn man es bewahren will, ist das mitunter schon der erste Schritt in die falsche Richtung. Uns gelingt es ja auch nicht 90 Kinder für die Märchenwanderung zu begeistern, indem wir ihnen vorschwärmen wie schön es ist, sich in der Natur zu bewegen. Die Kinder sind davon begeistert, weil sie gemeinsam die verschiedenen Märchen erraten müssen, um das Lösungswort für den Schatz des Berggeistes zu erhalten. Die Jüngsten bekommen eine Urkunde für die Teilnahme und für die Familien findet zum Abschluss ein gemeinsames Grillfest statt. Somit wird die Wanderung für Kinder und Eltern zu einem gemeinsamen Erlebnis.“

 

Ist das ein Apell sich als Heimatverein inhaltlich breiter aufzustellen?

Herr Wolf: „Wenn ich Engagierte für meine Arbeit gewinnen will, gehört es dazu, sich auf die Bedürfnisse der Menschen einzustellen. Manchmal genügt es einfach neuen Ideen eine Chance zu geben und an anderer Stelle ist es als Verein tatsächlich wichtig, sich breiter aufzustellen."

 

Können Sie uns das genauer erläutern?

Herr Wolf: „Wenn Mitglieder den Vorschlag haben, dass eine Fackelwanderung die Führung auf dem Bergbaulehrpfad und im Besucherbergwerk interessanter macht, dann sollte man sich dieser Art von Initiative nicht verschließen. Das meine ich mit neue Ideen zulassen.

Zwei Mitglieder des Erzgebirgszweigvereins betreuen beispielsweise eine Geo-Caching-Gruppe, auch wenn sie nicht alle Mitglied bei uns sind. Im Umkehrschluss unterstützen sie uns bei der jährlichen Müllsammelaktion, um unsere Wanderwege sauber zu halten. Hier haben wir auf den Bedarf im Ort reagiert und uns breiter aufgestellt.“

 

Wie zufrieden sind sie im Ergebnis mit ihrer eigenen Nachwuchsarbeit?

Herr Wolf: „Insgesamt 20 Kinder engagieren sich in unserer Kinderschnitz- und Kinderklöppelgruppe – das bewerten wir für uns als großen Erfolg. Die Verjüngung des Vereins, egal ob im Vorstand oder um engagierte neue Mitglieder zu gewinnen, ist ein fortlaufender Prozess, bei dem es auch keine Verschnaufpause gibt.“

 

Aber irgendwann kommt für jeden die Zeit, sich eine Verschnaufpause zu gönnen?

Herr Wolf: „Das stimmt. Wir arbeiten zum Beispiel gemeinsam darauf hin, dass in drei Jahren viele der älteren Vorstandsmitglieder durch jüngere abgelöst werden. Uns ist sehr daran gelegen, dass die Engagierten Zeit bekommen in ihre neue Rolle hineinzuwachsen.“

 

In welcher gesellschaftlichen Verantwortung sehen Sie den Verein?

Herr Wolf: „Wir haben als Verein eine gesellschaftliche Verantwortung, die weit über den Vereinszweck hinausgeht. Wir möchten unseren Beitrag für das soziale Miteinander im Ort leisten. Sei es bei einer Baumpflanzaktion oder einer Spendensammlung zu Gunsten einer in Not geratenen Familie. Wir wollen für die Belange der Menschen in Crottendorf da sein und ein Umfeld schaffen, das ihnen das Gefühl von Heimat gibt.“

 

 

Quelle: Fachstelle Ehrenamt / wu