Ehrenamt des Monats Januar 2024: Harald Eschke
In seinem Heimatort und in Feuerwehr-Kreisen nennt ihn kaum noch jemand bei seinem bürgerlichen Namen. Aufgrund seiner langjährigen Zugehörigkeit zur Feuerwehr haben ihm die Kameraden den liebevollen Spitznamen „Dr Op“ gegeben. Sein ehrenamtliches Engagement geht aber weit über den Brandschutz hinaus und hat so einige Spuren hinterlassen.
Seit seiner Jugend ist Harald Eschke Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr Tellerhäuser – mittlerweile seit 57 Jahren im aktiven Dienst. Daran hat sich auch 2024 nichts geändert und er geht in sein 40. Jahr als Wehrleiter. Das Feuerwehrwesen hat Familientradition – sein Amt hat er von seinem Onkel übernommen und mittlerweile konnte er auch seine Enkelkinder für den Dienst in der Wehr begeistern.
Anfang der 1990er Jahre hatte der 72-jährige das Glück seine Leidenschaft zum Beruf machen zu können und war als Feuerwehrmann in den Leistellen in Schwarzenberg, Aue und Zwickau eingesetzt. Mit seiner Ausbildung zum Gruppenführer, Rettungsassistent und als Fachmann für Funk sowie die Wartung der Sirenen, eignete er sich Wissen an, das ihm auch in seiner Funktion als Wehrleiter und Ausbilder für Truppmann- und Truppführerlehrgänge im Ehrenamt zu Gute kam.
Zu Zeiten als das noch möglich war, wurde die Wartung des vormaligen Mannschaftstransportwagens Granit K27 ebenso in Eigenregie durchgeführt wie der Umbau des Gerätehauses. Binnen zwei Jahren entstand in mehr als 2.000 Arbeitsstunden neben Familie und Beruf ein neuer Aufenthaltsbereich mit Schulungsraum und sanitären Einrichtungen. „Dass es in Tellerhäuser heute noch eine eigene Ortsfeuerwehr gibt, ist zu einem großen Teil dem unermüdlichen Einsatz von Harald Eschke zu verdanken“, ist sich Steffen Beyreuther sicher. Er hat ihn für die Auszeichnung mit dem Ehrenamt des Monats vorgeschlagen. „Egal ob Verkehrsunfälle, Schornsteinbrände oder Großschadensereignisse wie zum Hochwasser 2002 und die Sturmschäden nach Kyrill. Unser ‚Op‘ hat nicht nur über Jahrzehnte als Feuerwehrmann in erster Reihe gestanden, er hat sich auch bei der Gemeinde dafür eingesetzt, dass Tellerhäuser allein aufgrund der Lage und Witterung am Fichtelberg sowie der Entfernung zu den anderen Ortsteilen eine eigene funktionierende Wehr braucht. Dass wir 2017 ein neues Tragkraftspritzenfahrzeug erhalten haben, war ein wichtiges Zeichen.“
Mit wieviel Herzblut sich das Tellerhäuser Urgestein für die Feuerwehr und seinen Ortsteil einsetzt, ist auch Bürgermeister Lars Dsaak nicht verborgen geblieben: „Allein die Tatsache, dass es in einem Ortsteil mit etwas mehr als 100 Einwohnern neben einer funktionierenden Ortsfeuerwehr sogar eine eigene Jugendfeuerwehr gibt, ist bemerkenswert. Harald Eschke hat sich darüber hinaus aber auch für das gesellschaftliche Zusammenleben in außerordentlichem Maß engagiert. Dafür gebührt ihm unser aller Dank.“
Bis 1992 hat er im Ehrenamt als Vorführer sogenannter „Landfilme“ im Dorfhaus Tellerhäuser für Kurzweil gesorgt. Unter seiner Regie haben in den 1990er Jahren die Feuerwehr gemeinsam mit dem Heimat- und Sportverein den Dorfpark wieder zu einem Kleinod werden lassen. Als Bürger hat er Dorf- und Heimatfeste mitgestaltet und sich dafür eingesetzt, dass das Dorfhaus saniert wurde. Egal ob die Leichenhalle auf Vordermann oder Beete in Ordnung gebracht werden mussten, ob Zäune zu bauen, Wanderhütten zu reparieren und Wegweiser zu reinigen waren: Die Aufzählung an Vorhaben bei denen Harald Eschke mit Hand angelegt hat, ließe sich erschöpfend fortführen.
Mit der Feuerwehr sichert er auch heute noch das jährliche Abwintern mit Rodelwettbewerb und Fackelwanderung ab – eine Veranstaltung, die sich bei Einwohnern und Urlaubern großer Beliebtheit erfreut. Gemeinsame Müllsammlungen waren beispielgebend für andere Ortsteile. Einmal jährlich wird der Löschteich in Eigenregie vom Schlamm befreit. Als vorausschauender Wehrleiter hat er auch die Zukunft im Blick und sich dafür eingesetzt, dass Tellerhäuser seit 2007 wieder eine eigene Jugendfeuerwehr hat in der zurzeit fünf bis sechs Kinder und Jugendliche ausgebildet werden.
Landrat Rico Anton: „Die Lebensqualität in ländlichen Regionen hängt maßgeblich von einer funktionierenden Gemeinschaft ab – diese braucht aber auch Persönlichkeiten, die bereit sind, vornweg zu gehen. Harald Eschke hat als pflichtbewusster Wehrleiter, Bürger und vor allem als Mensch über ein halbes Jahrhundert in hohem Maße Verantwortung übernommen und sich für die Belange anderer eingesetzt. Dafür gilt ihm meine tiefe Anerkennung.“
Für sein umfassendes und langjähriges Engagement wurde Harald Eschke mit dem „Ehrenamt des Monats Januar“ ausgezeichnet. Er erhielt von der Fachstelle Ehrenamt des Erzgebirgskreises eine Urkunde, die erzgebirgische Holzfigur „HelD“ (Helfen und Danken) sowie eine Einladung zum Großen Regionalpreis des Erzgebirgskreises ERZgeBÜRGER.
Um ein noch besseres Bild von seiner Arbeit zu bekommen, hat Frank Wutzler von der Fachstelle Ehrenamt mit ihm ein ausführliches Interview geführt:
Woher kommt Ihre Begeisterung für das Feuerwehrwesen?
Herr Eschke: „Die Feuerwehr übt bereits auf Kleinkinder eine große Faszination aus. In meiner Kindheit und Jugend in den 1960er waren die Freizeitangebote in einem kleinen Ort wie Tellerhäuser eher überschaubar. Die Feuerwehr war für uns eine willkommene Abwechslung zum Alltag und Betätigungsfeld für ein sinnvolles Hobby.“
Sie gehen 2024 in Ihr 40. Dienstjahr als Wehrleiter. Haben Sie je ans Aufhören gedacht?
Herr Eschke: „Ich habe es sogar geplant. Ich möchte das 40. Dienstjahr noch vollmachen und danach das Amt des Wehrleiters abgeben. Den Übergang möchte ich für eine Zeit begleiten. Wenn es die Gesundheit zulässt, will ich aber trotzdem weiterhin im aktiven Dienst bleiben.“
Welche Einsätze sind Ihnen in Erinnerung geblieben?
Herr Eschke: „Die Flut 2002 und die Sturmschäden nach Kyrill, sind Einsätze, die man zeitlebens nicht vergessen wird. Diese Großschadensereignisse verlangen Mensch und Material alles ab. Wir sind aufgrund unserer exponierten Lage bei schwierigen Witterungseinflüssen auch oft zu Verkehrsunfällen gerufen worden, oft um festgefahrene Fahrzeuge aus dem Schnee zu befreien. Ich erinnere mich an einen Einsatz bei dem wir nachts bei starkem Schneefall eine Bundestagsabgeordnete mit ihrem Fahrzeug gerettet haben. Er war mehr als verwundert, dass aus einer 100-Seelen-Gemeinde mitten im Nirgendwo so schnell Hilfe kommt.“
Wenn man so lange dabei ist, gibt es sicherlich auch einige Anekdoten, die man erlebt hat.
Herr Eschke: „Oh ja. Als wir beispielsweise in den 1990er Jahren unseren Park im Dorf wieder angerichtet haben, standen darauf groß gewachsene Lärchen, die gefällt werden mussten. Das kam uns sehr zu passe, da die Mittel damals knapp waren. Wir haben im Naturaltausch für das Lärchenholz das Baumaterial bekommen, das wir für den Umbau unseres Depots gebraucht haben. Wir hatten auch einen Schornsteinbrand zu dem wir den Essenkehrer zum Auskehren hinzugezogen haben. Leider war das Hanfseil an dem sein Kehrzeug befestigt war, der Hitze nicht gewachsen. Das sind Momente in denen man ins Zweifeln kommt, warum es manchmal an den einfachsten Dingen scheitert. Wir haben dann entschieden uns eigenes Kehrzeug mit einer Metallkette zuzulegen. Da uns die Beschaffung auf dem Dienstweg zu bürokratisch war, haben wir das selbst finanziert und andere Wege gefunden.“
Wie sind sie mit der Entwicklung der Ortsfeuerwehr Tellerhäuser zufrieden?
Herr Eschke: „Wir sind aktuell 24 Mitglieder – jeder fünfte Einwohner bzw. jede fünfte Einwohnerin von Tellerhäuser ist als Mitglied der Feuerwehr. Insgesamt sind wir elf aktive Kameradinnen und Kameraden und fünf bis sechs Kinder in der Jugendfeuerwehr. Für unsere Verhältnisse sind wir sehr gut aufgestellt. “
Die Menschen aus Ihrem Umfeld beschreiben Sie als die gute Seele des Ortes. Sie wurden oft gefragt, wenn es galt in Tellerhäuser mit anzupacken?
Herr Eschke: „Vom Gottesdienst bis zur Faschingsveranstaltung haben wir die Verantwortlichen und Vereine im Ort stets unterstützt. Meine Frau hätte mich sicherlich das eine oder andere Mal gern verleugnet, wenn es kurz nachdem ich vom Dienst nach Hause gekommen bin, schon das erste Mal geklingelt hat, weil jemand im Ort Hilfe brauchte. Am Ende haben aber Alle mit angepackt, auch wenn es darum ging etwas für das Erscheinungsbild des Ortes zu tun. Da hat auch niemand gefragt, ob das unsere Aufgabe ist oder ob sich darum nicht die Kommune kümmern sollte – wir haben es einfach gemacht.“
Sie haben noch ein weiteres Ehrenamt, dass Sie einmal pro Woche bei Wind und Wetter in den Wald führt. Was hat es damit auf sich?
Herr Eschke: „Ich habe mich 2018 breit schlagen lassen im Auftrag der Staatlichen Betriebsgesellschaft für Umwelt und Landwirtschaft in Chemnitz die wöchentliche Grundwassermessung vorzunehmen. Im Wald gibt es eine Quelle an der seit 1936 der Grundwasserspiegel gemessen wird. Dies geschieht mit Hilfe eines genormten Maßes und anhand der Zeit bis dieses gefüllt ist. Die Daten übermittele ich dann Woche für Woche an den Geschäftsbereich Wasser und Meteorologie. Bei großen Schneehöhen habe ich früher noch die Langläufer genommen. Heute muss es zu Fuß gehen, das ist sportlich eine echte Herausforderung.“
Gibt es noch für 2024 Höhepunkte auf die Sie gern hinweisen möchten?
Herr Eschke: „Wir feiern am 15. Juni mit der freiwilligen Feuerwehr wieder unseren Tag der offenen Tür. Ab dem 21. Juni lädt der gesamte Ort unter der Regie des Heimat- und Sportvereins zur Festwoche zum Ortsjubiläum ‚400+2 Jahre Tellerhäuser‘ ein. Wir wünschen uns, dass viele Menschen dieser Einladung folgen und freuen uns gemeinsam zu feiern.“
22.02.2024 Gl