Eine kleine Erfolgsgeschichte für den Sport

19. August 2022
Unser Ehrenamt News

Ehrenamt des Monats Juli

Dass Sportvereine, vor allem in kleinen Gemeinden und Ortsteilen, sich über stetigen Mitgliederzuwachs freuen dürfen, ist eher die Ausnahme – in den vergangenen Jahren geht der Trend eher dahin, dass sich Vereine zusammenschließen oder Spielgemeinschaften bilden. Gleich einem gallischen Dorf wehrt man sich in Beutha gegen diese Entwicklung. Allen voran der TSV 57 Beutha hat Mittel und Wege gefunden und blickt seit 1990 auf eine kleine Erfolgsgeschichte zurück.

 

Eng verbunden ist diese mit Wolfgang Kunz, der seit 32 Jahren ununterbrochen als Vorstandsvorsitzender die Geschicke des Vereins leitet und ihn aus dem Effeff kennt. Mit seinen Mitstreiterinnen und Mitstreitern verfolgt er einen klaren Plan und gemeinsam haben sie den Verein seit der politischen Wende weiterentwickelt, die Vereinsarbeit professionalisiert und darauf hingewirkt, dass die Rahmenbedingungen für den Sportbetrieb stetig verbessert wurden.

 

Seit 1990 sind aus drei Abteilungen und weniger als fünfzig Mitgliedern mittlerweile fünf Abteilungen mit fast 200 Mitgliedern geworden. Die Ortsteile Beutha und Raum mit knapp 800 Einwohnern verfügen über einen Kunstrasenplatz, ein Beachvolleyballfeld und eine moderne Turnhalle.

 

Sich selbst sieht Wolfgang Kunz gar nicht gern im Mittelpunkt: Fast gebetsmühlenartig betont der 68-Jährige, dass dies ohne die Unterstützung der Stadt, von Sponsoren, Bürgerinnen und Bürgern nicht möglich gewesen wäre. Er ist seinen Kolleginnen und Kollegen im Vorstand, den Funktionsträgern im Verein und seinen Mitgliedern dankbar, dass sie diesen Weg gemeinsam gehen konnten.

 

Es klingt fast paradox, wenn man aus den Reihen des Vorstandes erfährt, dass es nie das erklärte Ziel des Vereins gewesen sei, sich zu vergrößern und einen Mitgliederzuwachs zu erzielen. Das Konzept des Vereins ist eher auf stabile und langjährige Mitgliedschaften ausgerichtet. Viel entscheidender für den Ausbau des sportlichen Angebotes war es, offen für die Ideen der Mitglieder zu sein, flexibel auf deren sich verändernde Lebenssituationen einzugehen und Wünsche aus der Bürgerschaft aufzugreifen.

 

Ein weiterer wichtiger Faktor für die erfolgreiche Entwicklung war die Vernetzung mit anderen Vereinen, beispielsweise dem Verein der freiwilligen Feuerwehr in Beutha und dem Heimatverein in Raum. Wenn Projekte oder Veranstaltungen dem Gemeinwohl im Ort zu Gute kamen, dann wurden sie auch gemeinsam angepackt, ohne als erstes zu fragen, wer welchen Nutzen davon hat.

 

Wolfgang Kunz ist nicht nur als Funktionär vorweg gegangen. Nachdem der Sportplatz 2002 und 2010 gleich zweimal vom Hochwasser betroffen war, hat er dort angepackt wo er gebraucht wurde – ob als Mitglied der Baukommission oder als eifriger Handwerker, der beim Ausbau der Vereinsräume so manchen Tag auf der Baustelle verbracht hat.

 

Für sein umfassendes Engagement und jahrzehntelanges Wirken an dieser Erfolgsgeschichte wurde Wolfgang Kunz auf Vorschlag seiner Vorstandskolleginnen und -kollegen mit dem „Ehrenamt des Monats Juli“ ausgezeichnet. Er erhielt von der Fachstelle Ehrenamt des Erzgebirgskreises eine Urkunde, die erzgebirgische Holzfigur „HelD“ (Helfen und Danken) sowie eine Einladung zum Großen Regionalpreis des Erzgebirgskreises „ERZgeBÜRGER“.

 

Auch bei der Stadt Stollberg weiß man, was Wolfgang Kunz und dem Verein zu verdanken hat. Von Franziska Gall, Stellvertreterin des Oberbürgermeisters, bekam Wolfgang Kunz einen Strauß Blumen überreicht:

„Im Vereinsraum hängt ein Bilderrahmen mit einem Zitat aus einem alten Turnerlied – ‚Großes Werk gedeiht nur durch Einigkeit‘. Dieses Zitat steht für mich sinnbildlich für die hervorragende und kontinuierliche Arbeit, die von unseren Vereinen geleistet wird. Die Lebensqualität im ländlichen Raum profitiert deutlich davon, wenn ehrenamtlich Engagierte, wie hier, gemeinsam an einem Strang ziehen.“

 

Um einen besseren Einblick in die Vereinsgeschichte zu erhalten, hat Frank Wutzler von der Fachstelle Ehrenamt mit Wolfgang Kunz ein ausführliches Interview geführt.

 

Für Sie ist das heute nicht die erste Auszeichnung, die Sie für Ihr ehrenamtliches Engagement als Vorsitzender des TSV 57 Beutha erhalten. War die Nominierung für das Ehrenamt des Monats für Sie überhaupt noch überraschend?

Herr Kunz: „Auch wenn ich in der Vergangenheit schon Auszeichnungen vom Kreis- und Landessportbund erhalten habe, war es dennoch überraschend. Allein, dass mich meine Vorstandskollegen nominiert haben, ist ein Ausdruck davon, dass meine Arbeit wertgeschätzt wird. Darüber freue ich mich.“

 

1990 hatte der Verein mit Volleyball, Fußball und Frauensport drei Abteilungen und weniger als 50 Mitglieder – heute sind es fünf mit insgesamt fast 200 Mitgliedern. War die Erweiterung des Sport-Angebotes der Hauptgrund für die wachsende Mitgliederzahl oder gab es weitere Faktoren als Schlüssel zum Erfolg?

Herr Kunz: „Wachsende Mitgliederzahlen waren nie unser erklärtes Ziel und wir haben dafür auch nicht geworben. Uns ging es von Anfang an um eine stabile Zahl langfristiger Mitglieder, die nachhaltig bereit sind sich im Verein einzubringen. Die Zuwächse sind eher das Ergebnis, dass wir versucht haben unsere Vereinsarbeit am Bedarf unserer Mitglieder auszurichten und flexibel auf Wünsche von Bürgerinnen und Bürgern einzugehen. Volleyball und Fußball sind Sportarten, die man, vor allem im Leistungsbereich, nicht bis ins hohe Alter ausüben kann oder will. Vor diesem Hintergrund ist beispielsweise unsere Abteilung Tischtennis sowie die Freizeitmannschaft Volleyball ins Leben gerufen worden. In diesem Zuge haben wir auch die Sportangebote für Kinder und Jugendliche kontinuierlich ausgebaut. Wir hatten auch das Glück, dass die Nachfrage nach einem Angebot für Kindersport sehr hoch war und sich im Zuge der Übungsleiterausbildung Vereinsmitglieder bereit erklärt haben, eine Kindersportgruppe ins Leben zu rufen und diese zu betreuen.“

 

Seit 1990 hat sich beim TSV 57 Beutha einiges bewegt. Was waren aus Ihrer Sicht die wichtigsten Meilensteine?

Herr Kunz: „Mit der Vereinsgründung 1990 haben wir von Null begonnen – Themen wie Vereinsstrukturen oder Satzung waren für uns erstmal Neuland. Wir haben 1987/88 angefangen Dorf- und Sportfeste zu organisieren und diese Idee dann 1992 nach der Wende wieder aufgegriffen. Das hat uns als Verein zusammengeschweißt und auch dem Ansehen des Vereins nach Außen sehr gut getan. Im Hinblick auf die Geschichte unseres Vereins, wussten wir zwar, dass es von 1957 weg bereits einen Sportverein gegeben hat, dass aber die Geschichte des Vereinssports in Beutha sogar bis 1903 zurückreicht, hat sich erst im Zuge der Recherchen zur Chronik ergeben. Damit wären wir auch direkt beim ersten Höhepunkt – das war zweifelsohne unser 100-jähriges Jubiläum 2003.  Wo Licht ist, ist aber bekanntlich auch Schatten: Nachdem wir 2002 vom Hochwasser betroffen waren, währte unser Glück einen sanierten Hartplatz zu bekommen nur kurz, da uns 2010 das gleiche Schicksal nochmals ereilte. Dass wir in Folge dessen Mittel aus dem Hochwasserfonds erhalten und ein Kunstrasenplatz geschaffen wurde, dafür sind wir insbesondere der Stadt Stollberg und dem Oberbürgermeister noch heute dankbar. Sowohl für die Attraktivität des Vereins als auch die Lebensqualität im Ort war das ein echter Mehrwert. Die feierliche Einweihung des Platzes 2013 war für unseren Verein ein Festtag und auch emotional ein Highlight. Mit Mitteln der Stadt, Eigenmitteln und einer Spendenaktion unter den Bürgerinnen und Bürgern sowie Unternehmen, mit der wir weitere elftausend Euro einwerben konnten, ist es gelungen fast zeitgleich noch einen Beachplatz für unsere Volleyballer zu bauen. Dass in dieser Zeit auch die Turnhalle der Grundschule saniert wurde, die wir als Verein ebenfalls nutzen, war ein absoluter Glücksfall. Für ein so kleines Dorf haben wir wirklich sehr gute Voraussetzungen für den Vereinssport. Von 2013 bis 2017 haben wir die obere Etage der Turnhalle zum Vereinsheim ausgebaut und mehrere tausend Arbeitsstunden als Eigenleistung eingebracht. Ohne die Unterstützung der Stadt sowie finanziellen Mitteln von Sponsoren und der Erzgebirgssparkasse, wäre das Projekt ebenfalls nicht zu stemmen gewesen.“

 

Um so viele Projekte umzusetzen und dabei erfolgreich zu sein, braucht es auch engagierte Mitstreiter. Was ist ihr Geheimnis, um Menschen zu motivieren, sich für die Belange des Vereins einzusetzen?

Herr Kunz: „Die Basis sind funktionierende Strukturen vom Vorstand über die Übungsleiter bis hin zum Materialwart. Der Vorstand sollte stets mit gutem Beispiel vorangehen. Die Initiative muss aber ein Stück weit von den Menschen selbst kommen – Engagement kann man nicht von oben anordnen. Um zu motivieren, sind viele Gespräche auf Augenhöhe hilfreich. Wir versuchen auch einen Rahmen zu schaffen, der ein gutes Verhältnis der Mitglieder untereinander fördert. Neuen Ideen sollte man immer offen gegenüberstehen. Wir achten auch auf eine gewisse Ausgewogenheit im Hinblick auf die Interessen der einzelnen Abteilungen. Neiddebatten haben da keinen Platz, sondern man muss sich auch mal für eine andere Abteilung freuen können. Das ist eine Frage der gelebten Vereinskultur.“

 

Nehmen wir an ich wäre ein guter Geist und Sie hätten drei Wünsche frei, die Ihre Arbeit im Ehrenamt leichter machen würde. Was würden Sie sich wünschen?

Herr Kunz: „Weniger Bürokratie, mehr junge Menschen die bereit sind im Vorstand mitzuarbeiten und eine Garage, in der wir unsere Werkzeuge und Geräte unterbringen können, die wir zur Pflege des Geländes benötigen.“

 

Welche Rolle spielt für Sie die Netzwerkarbeit mit anderen Vereinen und Organisationen?

Herr Kunz: „Es ist wichtig, dass man nicht nur sein eigenes Süppchen kocht. Es ist wie überall im Leben: Wenn man weiterkommen will, braucht man starke Partner. Das gilt für Vereine, Stadt, Unternehmen, Bürgerinnen und Bürger. Gemeinsam mit anderen Vereinen haben wir uns zum Beispiel im Zuge eines durch LEADER geförderten Vorhabens am Themenwanderweg zur Geschichte der Ortsteile Beutha und Raum beteiligt und dort auch Impulse setzen können, die mit unserem Vereinszweck auf den ersten Blick wenig zu tun haben. Wir pflegen eine gute und enge Zusammenarbeit mit dem Feuerwehrverein Beutha und dem Heimatverein in Raum. Zudem halten wir es so, dass wir Termine für Veranstaltungen mit Vereinen aus der unmittelbaren Umgebung abstimmen, um Terminkonflikten von Vornherein aus dem Weg zu gehen.“

 

Kannten Sie die Kampagne „Ehrenamt des Monats“ vorher schon und was halten Sie davon ehrenamtlich Engagierten im Erzgebirgskreis einmal im Monat Danke für ihren Einsatz zu sagen?

Herr Kunz: „Ich kannte die Kampagne schon aus der Zeitung. Ich halte es für eine gute Plattform, um regelmäßig ehrenamtlich Engagierte oder Organisationen zu würdigen und ihnen die Möglichkeit zu geben ihre Arbeit vorzustellen.“

 

Mittlerweile sind Sie 32 Jahre Vereinsvorsitzender. Wie schafft man es, nicht doch irgendwann „amtsmüde“ zu werden und welche Ideen haben Sie für die Zukunft?

Herr Kunz: „Um ehrlich zu sein fällt es mit zunehmenden Alter schwerer sich zu motivieren. Junge Menschen mit frischen Ideen würden auch unserem Verein guttun. Meine Wunschlösung wäre es, die Aufgaben nach und nach in die Hände jüngerer Leute zu geben und sie in dieser Übergangsphase zu begleiten.“

 

Ein persönlicher Satz von Ihnen zum Schluss: Gibt es von Ihrer Seite Neuigkeiten, Veranstaltungen oder Aktionen auf die sich die Öffentlichkeit in naher Zukunft freuen darf?

Herr Kunz: „Zunächst freuen wir uns, dass der Übungs- und Spielbetrieb über alle Abteilungen hinweg aufrechterhalten werden kann. Das trifft insbesondere auf den Ligabetrieb unserer Fußballer zu, da es dieses Jahr alles andere als einfach war wieder eine Mannschaft zusammen zu bekommen. Im Oktober wird es noch eine Veranstaltung für Kinder und eine für unsere altgedienten Mitglieder geben. Zum Jahresabschluss im Dezember veranstalten wir wieder das alljährliche Skatturnier. Das Dorf- und Sportfest, das wir dieses Jahr konzeptionell auch verändert hatten, wird es auch 2023 wieder geben. Ich möchte mich an dieser Stelle noch einmal bei allen Mitgliedern des Vereins für Ihre Unterstützung bedanken.“

 

Quelle: 19.08.2022 / wu

 

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