Lebensmittel retten – Zeit schenken

10. November 2022
Unser Ehrenamt News

Ehrenamt des Monats September

Mehr als 500 Menschen unterstützt die Annaberger Tafel pro Woche mit Lebensmitteln, hält in der Kleiderkammer Anziehsachen vor und betreibt die Wärmestube als Kontakt- und Begegnungsstätte für wohnungslose, einsame, hilfsbedürftige und erwerbslose Menschen. 35 ehrenamtlich Engagierte sorgen für einen reibungslosen Ablauf, damit die Menschen, die auf Hilfe angewiesen sind, diese auch bekommen.

An sechs Tagen pro Woche sammeln sie mit je zwei Teams Lebensmittelspenden ein, fahren täglich für vier bis acht Stunden bis zu dreißig Märkte und Produzenten an, sortieren die Nahrungsmittel, lagern sie ein und verteilen sie an bedürftige Menschen. Die ehrenamtlich Engagierten bewegen pro Woche um die eineinhalb Tonnen Lebensmittel und versorgen auf diesem Weg unter anderem die 231 Bedarfsgemeinschaften, die bei der Tafel des Malteser Hilfsdienstes in Annaberg registriert sind.

 

Die dafür notwendige Logistik, wäre ohne freiwilliges Engagement nicht im Ansatz zu bewältigen. Mit der Corona-Krise und der Aufnahme von Geflüchteten in Folge des Ukraine-Krieges, sind die Herausforderungen weiter gestiegen. Seit Januar betreibt der Malteser Hilfsdienst zudem die Tafel in Olbernhau.

 

Einer, der die Herausforderungen genau kennt, ist Mike Schönfelder. Ehrenamtlich engagiert seit 1991, übernahm er 2005 den Aufbau sowie die Leitung der Tafel in Annaberg und ist damit der dienstälteste Malteser in der Bergstadt. „So sehr uns die Corona-Krise auch gefordert hat, die Tafel war in dieser Zeit an keinem Tag außerplanmäßig geschlossen. Mit Hilfe unserer ehrenamtlich Engagierten, haben wir auch die Stadt Annaberg-Buchholz bei der Aufnahme von Flüchtlingen aus der Ukraine unterstützt und bisweilen dreißig frisch gekochte Mittagessen sowie Lebensmittelpakete zur Erstversorgung bereitgestellt.“

 

Zur Annaberger Tafel gehört auch die Kleiderkammer. Ehrenamtlich Engagierte nehmen hier Kleiderspenden entgegen, sortieren und lagern diese für den Bedarfsfall ein. Zudem betreiben die Malteser eine Wärmestube mit 32 Plätzen. Sie dient als Begegnungsstätte zur Pflege sozialer Kontakte, bietet ein warmes Mittagessen sowie Hilfs- und Freizeitangebote für Bedürftige.

 

Auch Thomas Proksch, stellvertretender Oberbürgermeister, ist froh mit dem Malteser Hilfsdienst einen etablierten Partner zu haben, auf den sich die Stadt Annaberg-Buchholz verlassen kann und richtet seinen Dank explizit an die ehrenamtlich Engagierten: „Was diese Menschen freiwillig, unentgeltlich und vor allem uneigennützig leisten, um für Bedürftige das Leben ein Stück weit lebenswerter zu machen, beeindruckt mich zutiefst. Es ist großartig einige von Ihnen auch einmal kennen zu lernen, ein paar persönliche Worte zu wechseln und ihnen im Namen der Stadt und ihrer Menschen Danke zu sagen.“

 

Überhaupt möglich wird dieses Engagement durch gewerbliche und private Spender, die Lebensmittel und Kleider zur Verfügung stellen. Die Bandbreite der Unternehmen, die sich beteiligen ist groß: vom Lebensmittelproduzenten über den Groß- und Einzelhandel bis hin zu den Handwerksbetrieben, wie beispielsweise Bäckereien und Fleischern, leisten zahlreiche Unternehmen einen Beitrag, um die Tafel des Malteser Hilfsdienstes in Annaberg zu unterstützen.

 

Die aktuellen politischen und gesellschaftlichen Entwicklungen, stellen auch die Tafel in Annaberg-Buchholz vor eine immense Herausforderung und damit die Freiwilligen vor eine deutliche Mehrbelastung. Landrat Rico Anton freut sich vor diesem Hintergrund außerordentlich, dass deren geleistete Arbeit mit der Auszeichnung „Ehrenamt des Monats“ gewürdigt wird: „Mein persönlicher Dank gilt all denjenigen, die ihren Teil dazu beitragen, dass der Malteser Hilfsdienst Angebote für bedürftige Menschen in diesem Umfang realisieren kann. Diese Angebote sind, allen Schwierigkeiten zum Trotz, ein Ausdruck von gelebter Menschlichkeit und einer funktionierenden Zivilgesellschaft hier bei uns im Erzgebirge.“

 

Für ihr umfassendes Engagement und ihren selbstlosen Einsatz für Bedürftige werden die ehrenamtlich Engagierten der Tafel und Kleiderkammer sowie der Wärmestube des Malteser Hilfsdienst e.V. Annaberg-Buchholz mit dem „Ehrenamt des Monats September“ ausgezeichnet. Sie erhalten von der Fachstelle Ehrenamt des Erzgebirgskreises symbolisch und stellvertretend für alle Engagierten eine Urkunde, die erzgebirgische Holzfigur „HelD“ (Helfen und Danken) sowie eine Einladung zum Großen Regionalpreis des Erzgebirgskreises „ERZgeBÜRGER“.

 

Um einen besseren Einblick in die Arbeit der Tafel in Annaberg zu erhalten, hat Frank Wutzler von der Fachstelle Ehrenamt mit Randy Stoof, dem ehrenamtlichen stellvertretenden Leiter der Tafel ein ausführliches Interview geführt.

 

Wie muss man sich die ehrenamtliche Arbeit bei der Tafel vorstellen? Welche Aufgaben und Herausforderungen müssen die Engagierten meistern?

Herr Stoof: „Unsere erste Aufgabe ist es die Lebensmittelspenden bei den Unternehmen und Produzenten abzuholen. Anschließend bereiten wir die Waren auf, d.h. wir kontrollieren sie auf Haltbarkeit, sortieren und lagern sie anschließend ein. Im letzten Schritt bereiten wir sie für die Verteilung vor. Eine Herausforderung ist die Logistik, die es braucht, um die Spenden termingerecht abzuholen – die zweite ist die Tatsache, dass es sich um eine körperlich schwere Arbeit handelt.“

 

Wie hat sich die Arbeit der Tafel in der letzten Zeit verändert?

Herr Stoof: „Seit Beginn des Jahres ist die Zahl der Hilfsbedürftigen und damit der Bedarf an Lebensmitteln gestiegen. Eine Ursache, aber nicht der alleinige Grund, ist die Versorgung der Geflüchteten in Folge des Ukraine-Krieges. Dem steht aktuell ein leicht rückläufiges Aufkommen an Spenden entgegen.“

 

Wie hoch schätzen Sie unter den aktuellen Umfeldbedingungen die Gefahr ein, dass Menschen in die Situation geraten auf die Hilfe der Tafel angewiesen zu sein?

Herr Stoof: „Die Gefahr schätze ich als sehr hoch ein. Die Kosten sind in allen Lebensbereichen gestiegen und steigen weiter. Es kommen mittlerweile auch Menschen zu uns, die im Berufsleben stehen, deren Auskommen aber nicht ausreicht, um davon die Dinge des täglichen Bedarfs zu bestreiten.“

 

Woraus schöpfen die ehrenamtlich Engagierten und Sie die Motivation für Ihre Arbeit?

Herr Stoof: „Meine Kolleginnen und Kollegen, die sich ehrenamtlich engagieren tun das schlichtweg, um diejenigen Menschen zu unterstützen, denen es schlechter geht als uns. Für mich ist es der persönliche Kontakt mit den Bedürftigen – oft ist es ein herzliches Dankeschön und ein nettes Lächeln, dass einem das gute Gefühl gibt, jemandem zumindest mit dem Notwendigsten geholfen zu haben.“

 

Die Lebensmittelspenden die Sie erhalten, sind Güter, die sich im Handel nicht mehr verkaufen lassen und entsorgt werden müssten. Der Nachhaltigkeitsgedanke spielt eine zentrale Rolle?

Herr Stoof: „Die Tafeln in Deutschland retten Lebensmittel vor dem Müll und verteilen sie an Bedürftige. Das klingt erstmal nicht schlecht – das aber immer noch ein Großteil dieser Nahrungsmittel entsorgt wird, ist für mich in den heutigen Zeiten nicht hinnehmbar.“

 

Wie ist die Situation aktuell in der Kleiderkammer?

Herr Stoof: „Während der Corona-Krise haben viele Menschen die Zeit genutzt ihre Kleiderschränke und Dachböden aufzuräumen und wir haben Bestände an Kleidung aufbauen können. Diese haben wir mit Beginn des Ukraine-Krieges aber auch dringend gebraucht und unsere Bestände haben sich wieder deutlich reduziert.“

 

Was sind aus Ihrer Sicht die Motive der Menschen und Unternehmen, die die Tafel mit Spenden unterstützen?

Herr Stoof: „Aus meiner Erfahrung ist es einerseits das gute Gefühl bedürftigen Menschen zu helfen und andererseits auch die Einsicht, dass in unserer Gesellschaft immer noch zu viel weggeworfen wird. Es tut jedem Bäcker oder Fleischer weh, wenn er sein Handwerk nach einer bestimmten Zeit in die Tonne werfen und dafür auch noch die Entsorgungskosten tragen muss.“

 

Kannten Sie die Kampagne „Ehrenamt des Monats“ vorher schon und was halten Sie davon ehrenamtlich Engagierten im Erzgebirgskreis einmal im Monat Danke für Ihren Einsatz zu sagen?

Herr Stoof: „Nein, das Ehrenamt des Monats kannte ich bisher noch nicht. Ich find es eine richtig gute Aktion – sie ist auch wieder ein Stück Motivation für uns Engagierte bei der Tafel.“

 

Ein persönlicher Satz von Ihnen zum Schluss: Welchen Apell möchten Sie Menschen richten, um die Tafel als Spender oder als ehrenamtliche Engagierte zu unterstützen?

Herr Stoof: „Wir freuen uns immer wenn sich Menschen finden, die hier mit anpacken, um die Welt für Bedürftige jeden Tag ein kleines Stück besser zu machen. Für uns macht es die Arbeit leichter, wenn wir sie auf viele Schultern verteilen können. Mit Blick auf mögliche Spender wünsche ich mir, dass jeder, bevor er Lebensmittel oder Kleidung wegwirft, noch einmal überlegt, ob es Menschen geben könnte, die sie dringend brauchen.“

 

Quelle: 10.11.2022 / wu

 

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